„Ich operiere, der Roboter passt auf“
Endoprothetik
Die Kombination aus hochpräzisen, modernen und roboterassistierten Operationstechniken und einem SchnellFit-Programm bringt Patienten mit Knie- und Hüftgelenksprothesen rasch wieder auf die Beine, erklärt Spezialist für Prof. Dr. med. Christian Hendrich, Endoprothetik und Ärztlicher Direktor des Orthopädischen Krankenhauses Schloss Werneck.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Von Ihrem Krankenhaus gibt es Videos, die zeigen, dass Patienten zwei Stunden nach einer Hüftoperation bzw. dem Einsetzen einer Kniegelenksprothese durch die Krankenhausflure laufen – wie ist das möglich?
Prof. Hendrich: „Der Wendepunkt, der dies möglich gemacht hat, war die Entwicklung der minimal-invasiven Operationsmethoden. Dank dieser gewebe- und muskelschonenden Schlüssellochtechnik ist direkt nach dem Einsetzen einer Prothese eine volle Belastung möglich. Daraus ergab sich der Gedanke: ‚Wenn das so gut funktioniert, müsste es doch möglich sein, die Patienten noch schneller zu mobilisieren’. Basis des bei uns verwendeten SchnellFit-Programms ist ein Zusammenspiel aller beteiligten Fachbereiche, von der Anästhesie bis zur Physiotherapie. Dies erfordert allerdings einen hohen organisatorischen Aufwand.“
Warum ist es so wichtig, die Patienten schnell zu mobilisieren?
Prof. Hendrich: „Wir vermeiden mit dem SchnellFit-Programm, dass die Patienten in einen ‚Krankenhaus-Modus’ geraten, der sie schwächt und demoralisiert. Davon profitieren in besonderem Maße ältere Patienten. Es ist uns gelungen, die Aufenthalts-Dauer von sieben auf vier Tage zu reduzieren. Der Aufnahmeprozess findet bereits eine Woche vor dem OP-Termin statt. In diesem Rahmen gibt es ein Aufklärungsgespräch und ein Patientenseminar, das dazu beiträgt, die Angst vor dem Einsetzen der Endoprothese zu nehmen. Für den Eingriff selbst verwenden wir eine spezielle, schonende Narkose. Dank der minimalinvasiven und roboterassistierten Operationstechniken konnten wir die Rate der Bluttransfusionen bei Hüftendoprothesen auf 0,65 Prozent und bei Kniegelenksprothesen sogar auf 0,14 Prozent senken. Wir verzichten möglichst auf Drainagen. Gerade bei Patienten mit Hüftoperationen ermöglicht dies, dass sie nicht wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegen müssen, sondern auf der Seite schlafen können. Sie können direkt nach der OP eigenständig das WC benutzen und können ihre Mahlzeiten ganz normal am Tisch einnehmen. Unsere Patienten liegen nicht viel im Bett, dadurch haben wir so gut wie gar keine Probleme mit Delirien oder Durchgangssyndromen. Einen Paradigmenwechsel gab es auch in der Nachbehandlung: Unsere operierten Patienten werden nicht aggressiv ‚beübt’, sondern sie sollen in erster Linie von Anfang an normal gehen.“
Welche Rolle spielen moderne Operationstechniken wie die MAKOplasty?
Prof. Hendrich: „Die MAKOplasty ist eine Computer- und Robotertechnologie, die wir im Rahmen der Knieendoprothetik einsetzen. Basis sind CT-gestützte Planungen, die eine Prothese exakt an die individuelle Anatomie und die Bewegungsabläufe des Patienten anpassen. Die gradgenaue Planung und die Roboterassistenz ermöglichen einen Zehntel-Millimeter genauen Einbau der Kniegelenksprothese – das wäre manuell nicht möglich. Dabei ist gerade diese Präzision so wichtig: Wenn wir die Stellung des Gelenks nur um ein Grad verschieben, verändern wir den gesamten Bewegungsablauf, die Kinematik. Damit das nicht passiert, gibt mir der Roboter genau vor, wie ich die Säge halten muss. Er hilft mir, Grenzen zu erkennen und verhindert Bandverletzungen. Ich erkläre meinen Patienten immer: Ich operiere, und der Roboter passt auf. Man muss allerdings sagen, dass roboterassistierte Techniken wie die MAKOplasty nichts für Anfänger sind. Aber sie ermöglichen einem guten Operateur eine Standardisierung seiner Präzision.“
Welchen Einfluss haben die modernen Operationstechniken auf die Funktionalität und Haltbarkeit der Kniegelenksprothesen?
Prof. Hendrich: „Durch den Erhalt bzw. ein Erreichen der optimalen Kinematik funktionieren die Prothesen sehr viel besser. Dies wissen wir aus Erfahrungsberichten. Wir operieren mit der MAKOplasty-Methode erst seit zwei Jahren, so dass noch keine verlässlichen Daten zur Haltbarkeit vorliegen. Bei Knieteilprothesen wie der Schlittenprothese operieren wir seit 2013 nach dieser Methode. Hier belegen australische Registerdaten, dass sie besser funktionieren, wenn sie computer- und roboterunterstützt eingebaut wurden. Dieses Ergebnis versprechen wir uns auch für die Knievollprothesen, da die Gefahr einer asymmetrischen Belastung wegfällt.“
Können Computer- und Roboterunterstützte Operationstechniken dazu beitragen, die Zufriedenheit mit Kniegelenksprothesen zu erhöhen?
Prof. Hendrich: „Davon gehe ich aus! 97 Prozent der Patienten, die eine Hüftendoprothese erhalten haben, haben nach zwei Jahren angegeben haben, sie würden sich ohne zu zögern erneut operieren lassen. Bei Patienten mit Kniegelenksprothesen waren es zuletzt nur 86 Prozent. Ich bin überzeugt, dass wir mit Hilfe der MAKOplasty eine deutlich höhere Patientenzufriedenheit erreichen können. Darauf deuten auch die nachgewiesenen Erfolge bei MAKO-Schlittenprothesen hin. Im ersten Jahr haben wir 150 Knieendoprothesen mit der MAKOplasty eingesetzt, im zweiten bereits 700, in diesem Jahr werden es voraussichtlich 900 sein. Die moderne Technik ist in der Lage, unsere menschlichen Defizite in der Motorik, Sicht und Beurteilung perfekt auszugleichen. Und davon profitieren natürlich am meisten unsere Patienten!“
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