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Informationen zum Bereich Bandscheibenprothese
Was ist eine Bandscheibenprothese?
Die Bandscheibenprothese wird als Ersatz für die natürliche Bandscheibe in bestimmten Fällen schwerer degenerativer Erkrankungen der Bandscheibe eingesetzt. Vor allem bei Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule hat sich die Bandscheibenprothese in den letzten Jahren als Alternative zu einer wirbelversteifenden Operation bewährt.
Moderne Bandscheibenprothesen bestehen meist aus einer Metall-Kunststoff Gleitpaarung mit einem freibeweglichen oder fixierten Rotationszentrum. Vor der Implantation wird die geschädigte Bandscheibe entfernt. An deren Stelle wird die künstliche Bandscheibe zwischen den Wirbeln eingesetzt. Die Bandscheibenprothese soll die Funktion der natürlichen Bandscheibe ersetzen und die Beweglichkeit der Wirbel erhalten.
Wann ist eine Bandscheibenprothese sinnvoll?
Künstliche Bandscheibe HWS
Die Bandscheibenprothese wird hauptsächlich bei Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule eingesetzt. Vor allem, wenn zusätzlich Symptome einer Nervenwurzelschädigung vorliegen, kommt eine Bandscheibenprothese in Frage. Teilweise wird sie auch aus anderen Gründen in die Halswirbelsäule eingesetzt, bespielweise bei einer ausgeprägten knöchernen Nervenkanalverengung (Foramenstenose) oder in Kombination mit einer Versteifungsoperation, wenn mehrere Wirbelsegmente von degenerativen Veränderungen betroffen sind.
Der Einsatz wird in diesen Fällen aber nicht immer empfohlen. Gegen eine Bandscheibenprothese sprechen entzündliche Prozesse, Verletzungen, Instabilität, starke Arthrose in den kleinen Gelenken der Wirbel, Tumorerkrankungen oder Osteoporose.
Künstliche Bandscheibe LWS
Der Einsatz einer Bandscheibenprothese ist auch bei Bandscheibenvorfällen der Lendenwirbelsäule möglich, wird aber derzeit nicht empfohlen. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie spricht sich in ihrer Leitlinie deutlich gegen den Einsatz der künstlichen Bandscheibe im Bereich der Lendenwirbelsäule aus.
Bandscheibenvorfälle der Lendenwirbelsäule werden in der Regel mikrochirurgisch oder endoskopisch operiert. Über einen kleinen Zugang über den Rücken werden vorgefallene Bandscheibenanteile entfernt. Die Implantation einer Prothese ist aufwendig. Der Chirurg muss sich hierfür einen Zugang zur Lendenwirbelsäule über den Bauch verschaffen. Dabei besteht die Gefahr, dass wichtige Nerven und Blutgefäße verletzt werden.
Es gibt bisher keine Studien, die einen vorteilhaften Nutzen der Bandscheibenprothese im Vergleich zu herkömmlichen Operationsmethoden belegen. Die Lendenwirbelsäule ist höherer Belastung ausgesetzt als die Halswirbelsäule. Wenn die Gelenke der Wirbel schon vor der Operation geschädigt waren, kann eine vermehrte Beweglichkeit durch die Bandscheibenprothese die Schmerzen verstärken. Eine versteifende Operation hilft diesen Patienten oft besser.
Bandscheibenprothese oder Versteifung bei Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule?
Die Bandscheibenprothese wurde hauptsächlich als Alternative zur sogenannten ventralen Versteifung (ACDF, anterior cervical decompression and fusion) entwickelt. Die ventrale Versteifung ist eine Operationstechnik, die bei Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule angewandt wird. Hierbei wird die vorgefalle Bandscheibe entfernt und die Wirbel ober- und unterhalb dieser Bandscheibe miteinander verbunden und versteift. Im Gegensatz zur Versteifung bleibt bei der die Bandscheibenprothese die Beweglichkeit im betroffenen Wirbelsegment erhalten. Sie wird in den letzten Jahren zunehmend eingesetzt.
Bei der Versteifung treten nach der Operation häufig Verschleißerscheinungen in den angrenzenden Wirbelsegmenten auf. Durch die Versteifung eines Wirbelsegments werden die angrenzenden Wirbelsegmente stärker belastet. Es wurde vermutet, dass diese zusätzliche Belastung für die als Anschlussdegeneration bezeichneten Verschleißerscheinungen in den angrenzenden Wirbelsegmenten verantwortlich ist.
Studien und Erfahrungen mit künstlicher Bandscheibe
Von den Bandscheibenprothesen erhoffte man sich auch eine Besserung dieser Problematik. Die künstlichen Bandscheiben konnten die Anschlussdegeneration jedoch nicht verhindern. In der Literatur gibt es zwar Hinweise, dass sie bei Bandscheibenprothesen weniger häufig auftreten, es gibt aber keine Beweise für einen relevanten Unterschied. Inzwischen wird auch über eine genetisch bedingte Anfälligkeit diskutiert.
Es gibt inzwischen viele Studien, die die Bandscheibenprothese mit der versteifenden Operation vergleichen. Die klinischen Ergebnisse, die Häufigkeit von Anschlussdegenerationen, die Komplikationen und die Häufigkeit, mit der eine weitere Operation durchgeführt werden musste, wurden für beide Methoden untersucht und verglichen. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie kommt in ihrer Leitlinie zu dem Schluss, dass es insgesamt in den genannten Kriterien keine gravierenden Unterschiede zwischen beiden Methoden zu geben scheint.
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie beschreibt in ihrer Leitlinie jedoch eine Überlegenheit der Bandscheibenprothese in einigen Punkten. Daraus lässt sich ableiten, dass mit der Bandscheibenprothese mindestens gleich gute klinische Ergebnisse erreicht werden können wie mit der Versteifung.
Künstliche Bandscheibe vor allem für jüngere Patienten
Die künstliche Bandscheibe kommt jedoch nicht für alle Patienten in Frage. Die Bandscheibenprothese ist besonders für jüngere Patienten geeignet, bei denen noch keine fortgeschritten degenerativen Veränderungen der betroffenen Wirbelsegmente vorliegen. Bei starken degenerativen Veränderungen der Bandscheiben und Wirbel, bei einer Krümmung der Halswirbelsäule, bei großer Instabilität und vor allem bei einer schwereren Rückenmarksschädigung sind versteifende Operationstechniken besser geeignet.
Wie läuft die Implantation der Bandscheibenprothese ab?
Vor der Operation wird der Patient über den Verlauf der Operation und über Risiken aufgeklärt und untersucht. Die Operation erfolgt in Vollnarkose. Bei einer Bandscheibenoperation im Bereich der Halswirbelsäule verschafft sich der Chirurg über einen kleinen Hautschnitt im vorderen Halsbereich Zugang zur Wirbelsäule. Der Chirurg spreizt den Bandscheibenraum leicht auf und entfernt die natürliche Bandscheibe. Anschließend bestimmt der Chirurg die Prothesengröße mit einem Probeimplantat und bereitet die Wirbelkörper für den Einsatz des Implantats vor.
Moderne Bandscheibenprothesen besitzen metallische Endplatten, die in den der entfernten Bandscheibe benachbarten Wirbelkörpern verankert werden. Zwischen den Platten befindet sich ein elastischer Gleitkern aus Kunststoff. Ein Ring aus festerem Kunststoff umgibt den Gleitkern. Dieser Aufbau ist der natürlichen Bandscheibe mit weichem Kern und Faserring nachempfunden. Der Gleitkern ist entweder frei beweglich oder fixiert ist. Mit festfixierten Modellen ist eine Bewegung nach vorne und zurück, sowie eine Seitwärtsbewegung möglich. Mit nicht fixierten Modellen sind auch Rotationsbewegungen möglich. Es gibt auch Modelle mit einem Rotationkern aus Metall.
Welche Komplikationen können bei der Operation auftreten?
Während der Operation kann beim Zugang zur Wirbelsäule ein Nerv, der die Stimmbänder innerviert, verletzt werden. Bei einer Verletzung klagen die Patienten über Heiserkeit. Vorrübergehende Schäden kommen bei ungefähr 10% der Patienten vor, bleibende bei 2-8%. Selten kommt es durch eine Nervenverletzung zu dem sogenannten Horner-Syndrom (einseitige Verengung der Pupille, herabhängendes Augenlid, eingesunkener Augapfel) oder zu Verletzungen der Speise- oder Luftröhre.
Es ist möglich, dass der Chirurg beim Einschlagen des Probeimplantats oder der Prothese das Rückenmark verletzt. Dies kann zu neurologischen Komplikationen führen kann. Auch eine Fehllage des Implantats kann die neurologischen Symptome und die Schmerzen des Patienten verstärken. Nach der Operation kann ein Bluterguss entstehen, der die Atemwege unter Umständen lebensbedrohlich einengt und dann sofort operiert werden muss.
Eine Infektion mit Wundheilungsstörungen kommt selten vor. Ist dies der Fall, muss die infizierte Bandscheibenprothese jedoch operativ entfernt werden. Anschließend kann keine Prothese mehr eingesetzt werden, die Wirbel müssen operativ versteift werden. Das Risiko für Komplikationen bei diesem Eingriff ist deutlich höher als bei der ersten Operation. Insgesamt ist das Komplikationsrisiko beim Einsatz einer künstlichen Bandscheibe vergleichbar mit dem einer versteifenden Operation.
Wie lange krank nach Bandscheibenprothese?
Die Patienten erholen sich in der Regel recht schnell von der Operation. Bereits einen Tag nach der Operation darf sich der Patient bewegen und nach wenigen Tagen kann er das Krankenhaus verlassen. Eine stationäre Rehabilitation ist nicht nötig.
In den ersten sechs Wochen sollte auf eine mobilisierende Krankengymnastik der Halswirbelsäule verzichtet werden und die Patienten dürfen keine schweren Lasten heben und tragen. Spätestens nach 12 Wochen sollte der Sitz der Prothese mit einer Röntgenaufnahme kontrolliert werden. Welche Sportarten nach dieser Zeit wieder möglich sind, sollte der Patient individuell mit seinem Arzt besprechen.
Wie sind die Erfahrungen der Patienten mit einer Bandscheibenprothese?
Viele Patienten mit einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule sind mit der Bandscheibenprothese sehr zufrieden. Bei Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule kann ein sehr gutes klinisches Bild erreicht und die Beweglichkeit der Halswirbel erhalten werden. Die nach ventralen Versteifungen häufigen Verschleißerscheinungen in benachbarten Wirbelsegmenten, treten allerdings auch bei Patienten mit Bandscheibenprothesen auf.
Eine Eigenart bei Bandscheibenprothesen ist die Entstehung von kleinen knöchernen Zubildungen in der direkten Nähe der Prothese. Dieses Phänomen wird als heterotope Ossifikation bezeichnet und ist auch von anderen Gelenksprothesen bekannt. Die knöchernen Zubildungen verursachen oft keine Probleme, in ausgeprägten Fällen können sie das Wirbelsegment jedoch versteifen. Das klinische Ergebnis kann dann dem einer versteifenden Operation gleichen.
Kann eine Bandscheibenprothese verrutschen?
Klinisch relevante Verknöcherungen kommen bei 25 bis 30 % der Patienten mit Bandscheibenprothesen vor. Viele Patienten befürchten, dass sich das Implantat lockert oder das Material des Implantats versagt. Bei früheren Modellen kam eine Lockerung häufiger vor. Bei den modernen Bandscheibenprothesen passiert dies jedoch nur noch selten. Den neuen Modellen werden eine große mechanische Belastbarkeit und lange Haltbarkeit zugeschrieben. Es ist jedoch möglich, dass sich eine Prothese lockert, wenn bei älteren Patienten die Knochenqualität nachlässt. Dann wäre eine zweite aufwendigere Operation nötig. Hier fehlen noch immer Langzeiterfahrungen mit Bandscheibenprothesen.
Bei Patienten mit Bandscheibenvorfällen der Lendenwirbelsäule ist die Zufriedenheit mit einer versteifenden Operation deutlich höher als bei Patienten mit einer Bandscheibenprothese. Hinzu kommt, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule sehr oft spontane Verknöcherungen um die Bandscheibenprothese entstehen und sich dadurch das Wirbelsegment versteift. Dies stellt den Einsatz einer Prothese, die die Beweglichkeit erhalten soll, zusätzlich in Frage.
Welche Ärzte und Kliniken sind Spezialisten für die Implantation einer künstlichen Bandscheibe?
Die Implantation von Bandscheibenprothesen wird in orthopädischen Kliniken, die sich auf Wirbelsäulenchirurgie spezialisiert haben, von Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie durchgeführt. Auch Neurochirurgen, die sich auf die Operation der HWS spezialisiert haben, sind Experten für künstliche Bandscheiben.
Wir helfen Ihnen einen Experten für Ihre Erkrankung zu finden. Alle gelisteten Ärzte und Kliniken sind von uns auf Ihre herausragende Spezialisierung im Bereich Bandscheibenprothese überprüft worden und erwarten Ihre Anfrage oder Ihren Behandlungswunsch.
Autor :
PRIMO MEDICO Redaktion | Erstellt am 08.01.2021 | Zuletzt aktualisiert 09.06.2021
Literatur:
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