Schonende Operation dank Robotertechnik
Prostatakrebs
Wenn eine vollständige Prostataentfernung notwendig ist, bringen roboter-assistierte Operationsverfahren gerade im engen, männlichen Becken hervorragende Ergebnisse, so PD Dr. med. Stefan Hinz, Spezialist für Prostatakrebs im Vivantes Prostatazentrum im Klinikum Am Urban in Berlin.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Bei welchen Prostata-Erkrankungen kommt der DaVinci-Operationsroboter zum Einsatz?
Dr. Hinz: „Dies ist im Wesentlichen der Fall bei einer radikalen Prostatektomie, also einer vollständigen Entfernung der Prostata bei Prostatakrebs, der lokal begrenzt ist und noch keine Metastasen gebildet hat.“
Wie läuft eine roboter-assistierte Operation ab?
Dr. Hinz: „Der DaVinci besteht aus zwei Elementen: Der Steuerungskonsole für den operierenden Arzt und das Bedienelement mit den Instrumenten am Patienten. Bevor der DaVinci zum Einsatz kommt, wird der Patient wie für jede andere Operation vorbereitet. Anschließend werden manuell 5 kleine, gerade mal 8 mm lange Schnitte im mittleren Bauch angelegt, in die sogenannte ‚Trokare‘, kleine Hülsen, eingelegt werden. Durch sie werden später die Instrumente eingeführt. Der DaVinci verfügt über 4 ‚Arme‘: Einer ist durch die Kamera belegt, die anderen drei durch Instrumente wie Greifer und Schere. Diese Instrumente kann ich dann von der Steuerungskonsole aus bedienen.“
Welche Vorteile hat eine roboter-assistierte Prostata-OP?
Dr. Hinz: „Die Entfernung der Prostata ist eine sehr komplexe Operation, die mit Hilfe des DaVinci äußerst präzise und minimal-invasiv ausgeführt werden kann. Natürlich kann man auch ohne Computer laparoskopisch, also minimal-invasiv operieren, aber längst nicht so präzise. Hinzu kommt, dass die DaVinci-Chirurgie mit einem sehr geringen Blutverlust einhergeht und die Patienten dank der winzigen Operationswunden schnell wieder auf die Beine kommen. Ich als Operateur habe dank der 8-fachen Vergrößerung durch die Kamera eine hervorragende Sicht auf das Operationsgebiet. Die Greifer-Instrumente können Gewebe perfekt fixieren – so stillhalten kann selbst der beste Assistent nicht. Hinzu kommt, dass der DaVinci über 7 Freiheitsgrade verfügt, die sehr viel bessere Drehungen und Führungen ermöglichen, als das menschliche Handgelenk bei einer manuellen Operation. Während des gesamten Eingriffs sitze ich entspannt an der Konsole, statt vornüber gebeugt mit Lupenbrille und Stirnlampe.“
Sind bei roboter-assistierten Operationsverfahren der Erhalt der Harnkontinenz und der Erektionsfähigkeit gewährleistet?
Dr. Hinz: „Das sind in der Tat zwei wichtige Themen für die Patienten. Die Harnkontinenz hat bei unseren Operationstechniken neben der vollständigen Tumorentfernung die oberste Priorität. Dies gelingt erfreulicherweise inzwischen bei mehr als 95 Prozent der Patienten. Bei der Erektionsfähigkeit kommt es natürlich darauf an, wie es um diese vor der OP bestellt war. Häufig operieren wir ältere Patienten, die diesbezüglich bereits mit Einschränkungen leben. Die Prostata ist von einem Nervenbündel umgeben, das vorsichtig und möglichst ohne Verletzungen von der Organhülle abgeschält werden kann, damit die Erektionsfähigkeit gewahrt bleibt. Meine Erfahrung zeigt, dass dies mit Hilfe des Operationsroboters besser gelingt, weil die einzelnen Schichten besser darstellbar sind. In randomisierten Studien wurden diesbezüglich allerdings keine Unterschiede zwischen offenen und roboter-assistierten Verfahren festgestellt. Ich denke, der wesentliche Faktor für den Erfolg einer Prostatektomie ist vor allem die Erfahrung des Operateurs. Heutzutage wird in vielen Kliniken ein Robotersystem angeschafft, aber die Operation wird dadurch nicht automatisch besser.“
Macht die Vorstellung, von einem Roboter operiert zu werden, den Patienten Angst?
Dr. Hinz: „Nein, viele Patienten verlangen oder fragen konkret nach diesem modernen Verfahren. Der Roboter ist ja nur ein Hilfsmittel und operiert nicht allein, sondern wird in jedem Augenblick von mir gesteuert. Er könnte vielleicht ausfallen. Aber das habe ich in den 10 Jahren, in denen wir roboter-assistiert operieren, noch nicht erlebt.“
Welche Komplikationen können bei einer DaVinci Prostata-OP auftreten?
Dr. Hinz: „Die möglichen Komplikationen entsprechen denen der anderen Operationsmethoden. Die wesentlichen Risikofaktoren haben wir schon genannt: Kontinenz und Potenz. Weil wir wissen, dass dies sehr sensible Bereiche sind, nehmen wir Chefärzte uns für jeden Patienten, unabhängig vom Versicherungsstatus, 30 bis 40 Minuten Zeit, um über diese Themen aufzuklären und die Angst zu nehmen. Die Kontinenz können wir heute mit entsprechenden operativen Techniken im Wesentlichen schonen. Direkt nach der kann es natürlich vor allem durch Schwellungen zu vorübergehenden Störungen kommen. Ein frühzeitiges Beckenbodentraining ist hier sehr hilfreich für eine zügige Wiedererlangung der Harnkontinenz. Der Erhalt der Potenz gelingt mit einer Rate von 60 bis 70 Prozent. Wie bereits erwähnt, ist dies immer auch abhängig von der erektilen Funktion vor der OP. Komplikationen wie Entzündungen oder Blutungen spielen kaum eine Rolle.“
Wieviel Erfahrung braucht ein DaVinci-Operateur?
Dr. Hinz „Das ist in der Tat ein wichtiges Kriterium, das Patienten immer hinterfragen sollten, wenn ihnen eine Prostata-Operation angeboten wird. Um die reine Technik zu erlernen, sind nur um die 50 Eingriffe erforderlich. Aber um jede OP-Situation sicher zu beherrschen, sollte der Operateur meines Erachtens mindestens 300-400 Eingriffe durchgeführt haben und vor allem regelmäßig mit dem DaVinci operieren. Bei uns im Prostatazentrum führen wir jährlich mehr als 600 Prostata-OPs durch und wir entwickeln uns immer noch konstant weiter. Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG/ Onkozert) fordert für ihre Zertifizierung eine Mindestzahl von 50 Prostata Operationen pro Jahr, sodass ein DKG-Zertifikat eine gewisse Behandlungsqualität gewährleistet. Nur regelmäßige Prostata-OPs in hoher Fallzahl ermöglichen meiner Meinung nach die notwendige Erfahrung für ein optimales Ergebnis.“
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