Gute Heilungschancen bei frühzeitiger Diagnose
Prostatakrebs
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Weil sie anfangs keine Symptome verursacht, wird sie oft erst spät entdeckt, erklärt PD Dr. med. Stefan Hinz, Spezialist für Prostatakrebs im Vivantes Prostatazentrum im Klinikum Am Urban in Berlin.
Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO
Was sind typische Warnsignale bei Prostatakrebs?
Dr. Hinz: „Das Problem ist, dass ein Prostatakarzinom normalerweise keine frühen Warnzeichen auslöst. Häufig treten Beschwerden erst dann auf, wenn sich der Tumor ausbreitet oder er Metastasen (Tochtergeschwülste) bildet. Dazu gehören Beschwerden beim Wasserlassen aber auch eine Reihe von unspezifischen Symptomen. Daher ist auch die Früherkennung im Rahmen der Prostata-Vorsorgeuntersuchungen so wichtig.“
Wie wird Prostatakrebs diagnostiziert?
Dr. Hinz: „Am Anfang steht in der Regel eine rektale Tastuntersuchung beim Hausarzt oder Urologen. Eine weitere Untersuchung zur Erkennung von Prostatakrebs ist der sogenannte PSA-Test. Bei einer Blutuntersuchung wird der Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) bestimmt. Ist der PSA-Wert erhöht, kann dies auf ein Prostatakarzinom hindeuten. Im nächsten Schritt sollte eine ultraschallbasierte Stanzbiopsie der Prostata in Betracht gezogen werden. Es besteht heute auch noch die Möglichkeit ein multiparametrisches-MRT (mpMRT) durchzuführen, um das Risiko für einen Prostatakrebs weiter einzugrenzen. Bei einem negativen MRT-Befund kann ggf. auf eine Biopsie verzichtet werden.“
Falls eine Biopsie notwendig ist: Welche Methoden stehen zur Auswahl?
Dr. Hinz: „Das klassische Verfahren ist die systematische Ultraschall-gestützte Stanzbiopsie durch den Anus bzw. das Rektum. Dabei werden zehn bis zwölf Gewebeproben aus den verschiedenen Bereichen der Prostata entnommen. Bei diesem Verfahren kann es zu Komplikationen wie Blutungen oder Infektionen durch verschleppte Darmbakterien kommen. Um diese Komplikationen zu vermeiden, werden in unserer Klinik sämtliche Biopsien über die Haut im Dammbereich durchgeführt.. Eine dritte Methode ist die Biopsie mit Zugang über den Gesäßmuskel. Sie ist kompliziert und zeitaufwändig, weil der Patient dabei im MRT auf dem Bauch liegt.“
Welche Vorteile bietet eine MRT-Ultraschall-Fusions-Biopsie?
Dr. Hinz: „Bei diesem Verfahren wird eine zuvor durchgeführte MRT-Aufnahme mit dem Ultraschallbild der Prostata vereint. So können auffällige Areale im MRT-Bild mit Hilfe des Live-Ultraschalls gezielt punktiert werden. Diese Fusionstechnik ist besonders hilfreich bei kleineren Tumorbefunden und Tumoren im vorderen Bereich der Prostata, die bei der systematischen Stanzbiopsie nur schwer erreichbar sind. Hier gilt das Prinzip: Je mehr Informationen ich habe, desto genauer erfolgt eine Diagnostik und damit verbunden die Abwägung der optimalen Therapie. Neben der Operation und der Strahlentherapie bestehen noch weitere Optionen wie z.B. eine aktive Überwachung bzw. eine fokale Therapie, bei der nur der von Krebs befallende Bereich der Prostata behandelt wird. Hier ist eine präzise Diagnostik zur Krebslokalisierung unbedingt erforderlich“
Welche Vorteile hat eine Prostata-Biopsie über die Haut?
Dr. Hinz: „Bei diesem Verfahren wählen wir den Zugang zur Prostata über die Haut im Dammbereich. Der Patient liegt dabei bequem auf einem gynäkologischen Stuhl. Die Biopsie wird entweder in Vollnarkose oder unter Lokalanästhesie ausgeführt. Der Damm ist gut sterilisierbar und die Prostata liegt unmittelbar dahinter, so dass keine anderen Organe verletzt werden können. Vor allem ist die Gefahr von Infekten deutlich geringer als bei einer transrektalen Biopsie, bei der die Darmbakterien Entzündungen bis hin zu einer lebensgefährlichen Sepsis verursachen können.“
Wie groß ist die Gefahr von Komplikationen?
Dr. Hinz: „Sie ist bei der Prostata-Biopsie über die Haut sehr gering. Die einzigen Folgeerscheinungen können geringe Probleme beim Wasserlassen und durch die Probenentnahme etwas Blut im Urin sein. Beide Phänomene sind völlig normal und verschwinden nach kurzer Zeit von selbst.“
Ist die von den Krankenkassen finanzierte Früherkennungsuntersuchung ausreichend, um Prostatakarzinome rechtzeitig zu erkennen?
Dr. Hinz: „Eine Tastuntersuchung ist meiner Meinung nach unzureichend, weil - wenn überhaupt - nur bereits fortgeschrittene Prostatakarzinome tastbar sind. Bei Prostatakrebs kommt es aber gerade auf die Früherkennung an. Je eher ein Prostatakarzinom entdeckt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Ab einem Alter von 45 Jahren empfehle ich daher jedem Mann die Bestimmung des PSA-Werts, auch wenn dieser Bluttest als Eigenleistung bezahlt werden muss. Bei einer familiären Vorbelastung oder bestehenden Problemen beim Wasserlassen sollte ein Risiko-adaptiertes Screening veranlasst werden. Es wäre sicher auch sinnvoll, die multiparametrische-MRT der breiten Masse bei PSA Erhöhung zur Verfügung zu stellen. In Zukunft könnte auch die Positronen-Emissions-Tomografie (PET), bei der radioaktive Partikel eingesetzt werden, die sich vorwiegend in Tumorgewebe ansiedeln, eine weitere Verbesserung der Bildgebung ermöglichen. Je präziser die Diagnose, desto besser die Therapie.“
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