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Informationen zum Bereich AV-Reentry-Tachykardie
Was ist eine AV-Reentry-Tachykardie?
Die AV-Reentry-Tachykardie, auch AVRT, gehört zu den tachykarden Herzrhythmusstörungen. Eine Tachykardie beschreibt eine Beschleunigung der Herzfrequenz auf mehr als 100 Schläge pro Minute. In Ruhe schlägt das Herz beim Gesunden mit einer Frequenz von etwa 60-80 Schlägen pro Minute.
Man unterscheidet Tachykardien hinsichtlich des Ortes, an dem sie entstehen. Im Falle der AV-Reentry-Tachykardie ist dies der Herzvorhof, das sogenannte Atrium. Weil die Vorhöfe über den Herzkammern (Ventrikel) liegen und diesen vorgeschaltet sind, spricht man auch von supraventrikulären Herzrhythmusstörungen. Weiterhin wird die Erkrankung hinsichtlich der Dauer des Auftretens beschrieben. Da die Herzrhythmusstörung anfallsweise auftritt, bezeichnet man sie auch als paroxysmal.
Die AVRT ist die zweithäufigste paroxysmale supraventrikuläre Herzrhythmusstörung des Menschen. Sie tritt in der Regel bei Patienten mit ansonsten gesundem Herzen auf.
Wie entsteht eine AV-Reentry-Tachykardie?
Bei einer AV-Reentry-Tachykardie ist die Erregungsleitung von den Vorhöfen zu den Herzkammern gestört. Ursächlich liegt eine zusätzliche Leitungsbahn vor, die unabhängig vom eigentlichen Reizleitungssystem aktiv ist.
Das Herz verfügt über ein eigenes Erregungsleitungssystem, das den regelmäßigen Herzrhythmus aufrechterhält. Taktgeber für diesen Rhythmus ist der sogenannte Sinusknoten im Bereich des rechten Vorhofs. Von diesem wird die Erregung über den AV-Knoten an die Herzkammern weitergeleitet und über diese gleichmäßig verteilt. Die Erregung sorgt hier für eine Kontraktion der Herzmuskelzellen, sodass die Herzkammern das Blut in den Körper- und Lungenkreislauf pumpen.
Die zusätzliche Leitungsbahn bei einer AV-Reentry-Tachykardie bringt den normalen Herzrhythmus durcheinander und es kommt zu Erregungen, die zwischen den Vorhöfen und Kammern kreisen. In der Folge schlägt das Herz schneller und die Herzfrequenz nimmt zu. Die Erregung über die zusätzliche Leitungsbahn kann dabei in zwei verschiedene Richtungen erfolgen.
In den allermeisten Fällen wird die Erregung entgegen der normalen Richtung von den Kammern zu den Vorhöfen geleitet. Seltener leitet die zusätzliche Leitungsbahn die Erregung auch von den Vorhöfen zu den Kammern. Zudem können in einigen Fällen auch zwei oder mehr zusätzliche Leitungsbahnen vorliegen.
Das Wolff-Parkinson-White-Syndrom ist die häufigste und bekannteste Variante der AV-Reentry-Tachykardie. Die zusätzliche Leitungsbahn wird in diesem Fall Kent-Bündel genannt. Da über dieses die Erregung schneller von den Vorhöfen auf die Kammern übertragen wird als durch den AV-Knoten, kommt es zu einer frühzeitigen Erregung der Kammern. Man spricht dann auch von einer Präexzitation.
Wie äußert sich eine AV-Reentry-Tachykardie?
Das Ausmaß der Symptome einer AV-Reentry-Tachykardie kann stark variieren. Einige Patienten sind vollkommen symptomlos und es treten keinerlei Beschwerden auf. Bei den meisten Patienten jedoch kommt es gelegentlich zu anfallsartigen Attacken. Die Herzfrequenz ist dann so stark beschleunigt, dass die Patienten dies als unangenehmes Herzrasen wahrnehmen. Begleitet wird dies oft durch Symptome wie Schwindel oder auch kurzzeitigen Bewusstseinsverlust. Typisch ist ein abruptes Auftreten und Verschwinden der Symptome.
Bei einem Teil der Patienten ist die Erregungsleitung über die zusätzliche Leitungsbahn so schnell, dass es zu potenziell lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen kommt. Besonders gefährlich ist dabei das Auftreten von Vorhofflimmern, bei dem die Vorhöfe mit einer Frequenz von mehr als 350 Schlägen pro Minute schlagen können. Normalerweise wird dabei nicht jede Erregung auch auf die Herzkammern übergeleitet. Liegt jedoch eine zusätzliche Leitungsbahn vor, dann kann es zu lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen der Herzkammern und zum Kreislaufschock kommen.
Wie diagnostiziert der Spezialist eine AV-Reentry-Tachykardie?
Die Diagnostik bei einer AV-Reentry-Tachykardie beginnt stets mit der Erhebung einer ausführlichen Anamnese. Dabei werden die Beschwerden der Patienten genau erfasst und eingeordnet. Die typische Symptomatik weist dabei meist recht früh auf das Vorliegen einer Herzrhythmusstörung hin, sodass im nächsten Schritt oft ein EKG geschrieben wird.
Das Elektrokardiogramm (EKG) ist ein nicht-invasives und schnell verfügbares diagnostisches Instrument mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Es dient der Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens und liefert somit wichtige Informationen über Funktionsweise und Rhythmus. Da die Herzrhythmusstörung anfallsartig auftritt, ruft sie im normalen Ruhe-EKG meist keine Veränderungen hervor. Weitere Möglichkeiten sind dann ein Langzeit-EKG über 24 Stunden oder ein Belastungs-EKG.
Ein intrakardiales EKG kann dann die genaue Lokalisation der zusätzlichen Leitungsbahn ermöglichen. Dabei werden die verschiedenen Elektroden zur Ableitung der elektrischen Aktivität des Herzens nicht auf der Haut von außen, sondern direkt am Herzen platziert. Dies kann entweder im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung des Herzens geschehen oder mittels eines implantierten Defibrillators oder Schrittmachers.
Bei einer elektrophysiologischen Untersuchung wird ein spezieller Katheter über eine Vene bis hin zum Herzen vorgeschoben. Der Katheter verfügt über spezielle Elektroden, die ein elektrisches Signal sowohl abgeben als auch registrieren können. Somit können Herzrhythmusstörungen analysiert und ihr Ursprung ermittelt werden.
Wie wird eine AV-Reentry-Tachykardie behandelt?
Bei der Behandlung einer AV-Reentry-Tachykardie muss zwischen der akuten Therapie der Herzrhythmusstörung und langfristigen Behandlungsmaßnahmen unterschieden werden.
Häufig treten die Herzrhythmusstörungen anfallsweise auf und bilden sich von selbst wieder zurück, sodass keine akute Therapie erfolgen muss. Höhergradige Herzrhythmusstörungen sollten jedoch einer Behandlung unterzogen werden.
Bei kreislaufstabilen Patienten kann zunächst ein sogenanntes vagales Manöver versucht werden. Es handelt sich dabei um verschiedene Maßnahmen, die den Vagusnerv stimulieren, um so die Herzfrequenz zu senken. Dazu kann beispielsweise schnell kaltes, kohlensäurehaltiges Wasser getrunken oder gegen verschlossene Atemwege ausgeatmet werden, sodass im Brust- und Bauchraum Druck aufgebaut wird.
Zudem können verschiedene rhythmusstabilisierende Medikamente eingesetzt werden.
Sollte die Herzrhythmusstörung durch vagale Manöver und Medikamente nicht ausreichend behandelt werden können, dann wird die sogenannte Kardioversion empfohlen. Auch bei kreislaufinstabilen Patienten kommt diese zum Einsatz. Dabei erfolgt eine Schockabgabe, sodass die Aktivität der verschiedenen Herzmuskelzellen wieder synchronisiert wird.
Die langfristige Behandlung einer AV-Reentry-Tachykardie besteht in erster Linie in der Verödung der zusätzlichen Leitungsbahn. Dafür wird ein spezieller Katheter über ein Gefäß bis zum Herzen vorgeschoben und das entsprechende Gewebe mittels Kälte oder Hochfrequenzstrom verödet. Diese sogenannte Katheterablation kann auch unmittelbar im Anschluss an eine elektrophysiologische Untersuchung im Rahmen der Diagnostik erfolgen.
Ist eine Katheterablation nicht gewünscht oder nicht möglich, dann können auch langfristig verschiedene Medikamente gegeben werden. Diese müssen je nach Vorliegen von Vorerkrankungen sorgfältig ausgewählt und dosiert werden. Zudem sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen zur Evaluation der gewählten Therapie notwendig.
Heilungschancen und Prognose
Die Erfolgsrate einer Katheterablation bei einer AV-Reentry-Tachykardie liegt bei über 95%, sodass die Prognose dieser Patienten sehr gut ist und mit einer normalen Lebenserwartung zu rechnen ist. Trotzdem kann eine AV-Reentry-Tachykardie jedoch auch zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und somit zum plötzlichen Herztod führen. Glücklicherweise handelt es sich dabei jedoch um eine sehr seltene Komplikation.
Welche Ärzte und Kliniken sind Spezialisten für eine AV-Reentry-Tachykardie?
Da AV-Reentry-Tachykardien potenziell lebensbedrohliche Folgen haben kann, sollten diese in jedem Fall einer gründlichen Untersuchung und Therapie zugeführt werden. Spezialisiert auf die Behandlung solcher Herzrhythmusstörungen sind Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie.
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Quellen:
- Gerd Herold und Mitarbeiter. Innere Medizin 2024. Eigenverlag 2024.
- ESC Pocket Guidelines: Supraventrikuläre Tachykardien. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der European Society für Cardiology (ESC). Version von 2019. Börm Bruckmeier Verlag GmbH.
- Amboss, Nachschlagewerk für Mediziner. next.amboss.com/de/article/FS0gYf, aufgerufen am 28.02.2024