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Was hilft bei einem Blasenvorfall?

Harnblasenprolaps

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Eine Blasensenkung ist eine häufige Erkrankung des unteren Harntrakts und tritt überwiegend bei Frauen auf. Die Behandlung reicht je nach Verlauf und Beschwerden von Beckenbodengymnastik bis zur Operation, erklärt Univ.-Prof. Dr. Dr. med. K. Rainer Kimmig, Spezialist für Gynäkologische Onkologie und Brustkrebs, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Universitätsklinikum Essen.

Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

Wie häufig sind Frauen von einem Harnblasenprolaps betroffen?

Univ.-Prof. Kimmig: „Vermutlich ist jede dritte Frau in geringem Maße von einer Blasensenkung betroffen. Behandlungsbedürftig sind etwa 10 bis 15 Prozent.“

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Welche Ursachen können eine Blasensenkung auslösen?

Univ.-Prof. Kimmig: „Es gibt natürlich eine Vielzahl von Ursachen. Bei den meisten Frauen entwickelt sich dieses Problem allerdings aufgrund einer Beckenbodenschwäche. Diese kann genetisch bedingt sein oder aber durch die Mikro- und Makrozerreißungen entstehen, die z. B. bei der Geburt eines Kindes auftreten.“

Wie äußern sich Senkungsbeschwerden?

Univ.-Prof. Kimmig: „Wenn die Blase mit der Scheidenwand nach unten sinkt, spüren die betroffenen Frauen einen Druck bzw. ein Völle- oder Fremdkörpergefühl in der Scheide. Häufig kommt es zu Problemen beim Wasserlassen, ständigem Harndrang oder Problemen den Urin zu halten. Bei Senkung des Darms können Probleme beim Stuhlgang auftreten. Am erschreckendsten und unangenehmsten ist es natürlich, wenn der Blasenvorfall so stark ist, dass sich die Harnblase wie ein Ballon aus der Scheide herauswölbt.“

Wie diagnostizieren Sie einen Harnblasenprolaps?

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Univ.-Prof. Kimmig: „Das Ausmaß einer möglichen Blasensenkung erkennt man bei einer gynäkologischen Spiegeluntersuchung. Dabei lässt sich genau feststellen, welche Bereiche der Blase oder des Harnleiters tiefer liegen. Danach lässt sich eine Einteilung in verschiedene Schweregrade vornehmen, die darauf basieren, inwieweit die Blase noch hinter oder bereits vor dem Scheidengang liegt. Wichtig sind bei der Diagnosestellung aber vor allem die Beschwerden und eine mögliche Einschränkung der Lebensqualität. Eine festgestellte Blasensenkung, die keine oder nur geringe Beschwerden verursacht, muss nicht unbedingt behandelt werden. Und auf der anderen Seite sollte sie behandelt werden, sobald die betroffene Frau sich durch die Senkung eingeschränkt fühlt oder unter den Auswirkungen leidet.“

Welche konservativen Therapiemöglichkeiten gibt es?

Univ.-Prof. Kimmig: „Bei einer leichten Senkung und auch einer leichten Inkontinenz kann das klassische Beckenbodentraining dazu beitragen, den Halteapparat zu stärken und die Beschwerden zu lindern. Falls eine Durchblutungsstörung der Schleimhäute die Beschwerden verursacht, ist es möglich diese mit Hilfe einer Östrogencreme anzuregen. Außerdem können Ring- oder Würfelpessare in die Scheide eingeführt werden, um das Scheidengewölbe zu spannen. Allerdings ist die Anwendung von Pessaren vor allem für ältere, unbeweglichere Frauen nicht ganz einfach, da diese regelmäßig gewechselt, gespült und gecremt werden müssen.“

Wann hilft nur noch eine Operation?

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Univ.-Prof. Kimmig: „Eine Operation des Harnblasenprolaps kommt dann in Frage, wenn die Beschwerden so ausgeprägt sind, dass sie der Patientin Leidensdruck verursachen. In dem Fall kann entweder von unten durch die Scheide hindurch operiert werden oder von oben mittels Bauchspiegelung. Früher wurde bei diesem Eingriff grundsätzlich die Gebärmutter entfernt, das ist heutzutage nicht mehr notwendig. Bei einem Eingriff durch die Scheide wird die Scheidenwand an der Stelle der Bruchpforte geöffnet, das Gewebe gerafft und ggf. am Bandapparat des Beckens festgenäht. Eine Operation von oben erfolgt laparoskopisch ohne Bauchschnitt und häufig unterstützt durch den DaVinci Operationsroboter, mit dessen Hilfe sehr präzise und schonende Eingriffe möglich sind. Bei einer Operation von oben wird ein feines Kunststoffnetz, das am Kreuzbein befestigt wird, zwischen Blase und Scheide bzw. Darm und Scheide positioniert, das die Organe in ihrer natürlichen Position hält. Der große Vorteil ist, dass die Scheide bei diesem Verfahren unverletzt bleibt.“

Welche Komplikationen können auftreten?

Univ.-Prof. Kimmig: „Auch wenn der Eingriff durch die Bauchdecke invasiver wirkt, ist er in Wirklichkeit sehr viel weniger eingreifend als eine Operation durch die Scheide. Beim Einsetzen der Netze durch einen erfahrenen Operateur gibt es so gut wie keine Komplikationen. Ein Einsetzen der Netze von unten lehne ich ab. Der Operationsweg durch die Scheide hat zudem den Nachteil, dass dort eine große Wundfläche entsteht, die im Heilungsprozess vernarbt, was später beim Geschlechtsverkehr zu Problemen und Schmerzen führen kann.“

Wie groß sind die Erfolgschancen beiden Operationsmethoden?

Univ.-Prof. Kimmig: „Wenn die Operation ohne Komplikationen verläuft, liegt die Erfolgsrate der Netze langfristig bei über 90 Prozent, bei einer sakrospinalen Fixierung durch die Scheide bei 70 bis 80 Prozent. Bei etwa der Hälfte dieser Patientinnen kann zu einem späteren Zeitpunkt eine Wiederholung notwendig werden, da das natürliche Bindegewebe mit zunehmendem Alter wieder schwächer wird. Bei Inkontinenzbeschwerden, die nur unter Belastung wie Springen, Husten oder Niesen auftreten, erzielen wir gute Erfolge durch ein spannungsfreies Kunststoffband unter der Harnröhre. Bei einer Dranginkontinenz ist eine Therapie schwieriger. Allerdings tritt über eine Lagekorrektur der Blase und des Blasen/Harnröhrenwinkels auch hier häufig eine Besserung ein.“

Was können Frauen tun, um eine Inkontinenz oder Blasensenkung zu vermeiden?

Univ.-Prof. Kimmig: „Eine genetische Vorbelastung lässt sich schlecht rückgängig machen. Allerdings hilft es in jedem Fall, nicht zu viel Gewicht auf die Waage zu bringen und im besten Fall regelmäßig den Beckenboden zu trainieren. Reiter tun dies automatisch, alle anderen können in ihren Alltag einfache Übungen integrieren, die sich überall nachlesen lassen.“


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