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Eine unbekannte Frauenkrankheit

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PRIMO MEDICO Fachredaktion

Endometriose

Obwohl geschätzt jede zehnte Frau in Deutschland Endometriose hat, ist dieses chronische Frauenleiden weder in der Bevölkerung noch unter Gynäkologen ausreichend bekannt.

Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

 

Bei einer Endometriose siedelt sich Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) außerhalb der Gebärmutter an. Endometriose-Herde befinden sich typischerweise auf dem Bauchfell (Peritoneum) im kleinen Becken. Häufig sind zudem die Eierstöcke, der Raum zwischen Gebärmutter und Darm, die Blase und die Gebärmutter betroffen. Wenn die Eierstöcke oder Eileiter befallen sind, kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigt sein. Problematisch ist, dass sich das außerhalb angesiedelte Gebärmuttergewebe genauso verhält wie in der Gebärmutter: Es wächst im Rahmen des Monatszyklus und wird am Ende auch wieder abgestoßen. Bei vielen Frauen regelt der Körper die Entfernung des abgelösten Gewebes, ohne dass die Betroffenen etwas spüren. Bei anderen kommt es durch eine Autoimmunreaktion zu Verklebungen, Entzündungen oder auch Zysten.

Typische Symptome bei Endometriose

Dr. med. Robert Theiss ist Spezialist für Endoskopie und Endometriose am Helios Klinikum München West. Die Frauen, die zu ihm kommen, leiden häufig unter heftigen, zyklusabhängigen Schmerzen im Unterbauch, z.B. vor und während der Monatsblutung oder beim Eisprung. „Leider ist die Diagnosefindung nach wie vor schlecht. Oft dauert es Jahre und braucht verschiedene Ärzte, bis eine Endometriose als Ursache der Beschwerden festgestellt wird.“ Sowohl in der Bevölkerung als auch bei den vielen Gynäkologen ist Endometriose nicht ausreichend bekannt. Daher versuchen betroffene Frauen, irgendwie mit ihren Schmerzen klar zu kommen, obwohl diese ihre Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit teils erheblich einschränken. Endometriose-Herde in Blase und Darm können den Stuhlgang beeinträchtigen, Blähungen hervorrufen, die Blase reizen oder das Wasserlassen behindern, erklärt Dr. Theiss. „Wenn sie bis ins Zwerchfell wandern, können sogar zyklusabhängige Schulterschmerzen auftreten. Zudem können Endometriose-Herde eine Schwangerschaft verhindern. Wenn Frauen über einen längeren Zeitraum nicht schwanger werden und eine organische Ursache nicht erkennbar ist, sollten sie unbedingt dem Verdacht einer Endometriose nachgehen.“

Diagnose und Behandlung bei Endometriose

Die normale Vorsorgeuntersuchung beim Gynäkologen reicht häufig nicht aus, um Endometriose-Herde zu entdecken, betont Dr. Theiss. „Grundsätzlich kann man Endometriose bei einer Ultraschall-Untersuchung feststellen. Allerdings sind die Herde häufig so dezent, dass sie leicht übersehen werden, selbst bei offenen Operationen. Daher macht es auch Sinn, dass betroffene Frauen ein Endometriose-Zentrum aufsuchen. Wir sind auf diese Erkrankung spezialisiert und kennen die typischen Stellen. Sofern sich die Endometriose-Herde außerhalb der Gebärmutter befinden, können wir diese durch eine Bauchspiegelung nachweisen und therapieren.“ Aber auch hier gilt: Man muss wissen, wonach man sucht und wo man sucht. Endometriose tritt nur während der fruchtbaren Jahre auf. Mit Beginn der Wechseljahre verschwinden die Beschwerden von selbst. Zunächst versucht Dr. Theiss, den Zyklus auszuschalten, indem die Patientinnen dauerhaft ohne Pause eine Antibabypille einnehmen. Verbleiben trotz Pilleneinnahme weiterhin Schmerzen oder liegen tief-infiltrierende Endometriose-Herde vor, hilft allerdings am besten eine Operation.

Wie belastend ist eine Endometriose-Operation?

Der Endometriose-Spezialist bezeichnet den Eingriff als kleine Operation mit geringen Risiken: „Sie ist nicht sehr belastend und erfolgt in Vollnarkose. Wir können heute selbst schwerste Endometriose-Operationen minimalinvasiv, also mittels Bauchspiegelung, durchführen. Die Patientinnen sollten meist eine Nacht zur Beobachtung in der Klinik bleiben.“ Betroffene müssen allerdings wissen, dass nicht immer alle Endometriose-Ansiedlungen entfernt werden können. Dr. Theiss und sein Team entnehmen immer soviel wie möglich, um die Beschwerden so weit es geht zu reduzieren. „ Zum Teil müssen wir aber Gewebe im Bauchraum belassen, um andere Strukturen, wie z.B. den Blasennerv, zu schonen.“. Bei schwierigen Eingriffen besteht die Möglichkeit, einen Chirurgen und einen Urologen hinzuzuziehen, um das beste Resultat zu erreichen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit beschert dem Endometriosezentrum überproportional hohe Behandlungserfolge und Patienten, die aus ganz Deutschland anreisen.

Kann man Endometriose vorbeugen?

Die genauen Ursachen für die Entstehung einer Endometriose sind nach wie vor unklar. In den letzten Jahren wurde – wie bei allen Autoimmunerkrankungen – eine deutliche Zunahme festgestellt. Außerdem wurde eine familiäre Häufung registriert, was auf eine genetische Prägung hinweist. Vorbeugungsmaßnahmen sind daher nicht möglich. Dr. Theiss ist es wichtig, seine Patientinnen so lange wie möglich symptomfrei zu halten: „Wenn wir Endometriose-Herde chirurgisch entfernen, ist es sehr unterschiedlich, wie lange der positive Effekt anhält. Bei einigen Frauen sind es bis zu zehn Jahre. Bei anderen bilden sich bereits nach ein bis zwei Jahren wieder neue Endometriose-Ansiedlungen. Das Risiko von Rezidiven endet erst mit Eintritt der Wechseljahre.“