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Hilfe bei Schnappfinger, Überbein und Wikingerkrankheit

Handchirurgie

Unsere Hände und Finger benötigen wir für fast alle Arbeiten im täglichen Leben. Bewegungseinschränkungen und Schmerzen, wie beim sogenannten „Schnappfinger“, der „Wikingerkrankheit“ oder Überbeinen sind in der Regel gut behandelbar, sagt Privatdozent Dr. med. Elias Volkmer, Spezialist für Handchirurgie im Helios Klinikum München West.

Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

Welche Ursachen führen zu einem Schnappfinger?

Die Hand - Grafik

Dr. Volkmer: „Der Schnappfinger ist eine Störung des Gleitvorgangs der Sehnen an Fingern oder dem Daumen. Dadurch kommt es zu einem Hängenbleiben in einer bestimmten Position oder einem plötzlichen Hochschnappen der Bewegung, oft verbunden mit Schmerzen. Die Erkrankung betrifft vor allem ältere Menschen, wenn das an sich straffe Ringband im Alter an Elastizität einbüßt. Unsere Finger sind ja sehr enge Strukturen, jede Einengung z.B. durch Wassereinlagerungen in der Schwangerschaft oder eine Überbelastung bei bestimmten Handwerksberufen können zu Schwellungen führen, die wiederum Reibungen und Entzündungen auslösen und zur Entstehung des Schnappfingers beitragen können.“

Welche Probleme bereitet ein Schnappfinger?

Dr. Volkmer: „Am Anfang stellt sich ein Schnappfinger als schmerzhafte und lästige Entzündung dar. In der Nacht, wenn die Sehne  ruhig liegt, wird sie im Ringbandbereich eingeschnürt und verformt. In der Früh hängt oder schnappt der Finger dann, anfangs vorübergehend, später dauerhaft. In einigen Fällen kann man am Fingermittelgelenk eine Art ‚Knubbel‘ fühlen. Wichtig ist, die Entzündung und eine mögliche Flüssigkeitseinlagerung wieder weg zu bekommen. Unbehandelt kann der Finger sonst irgendwann steif werden.“

Wie kann man einen Schnappfinger behandeln?

Dr. Volkmer: „Zunächst versuchen wir, die Erkrankung konservativ zu heilen. Dazu sollte der Finger oder Daumen gekühlt, hoch gelagert und geschont werden. Dehnungsübungen und Medikamente gegen die Entzündung können ebenfalls helfen. Kortison würde ich höchstens als Einmalgabe in Betracht ziehen. Zeigt die konservative Therapie keinen ausreichenden Erfolg, kann eine einfache Operation helfen. Dabei wird in örtlicher Betäubung das etwa 1,5 Zentimeter breite Ringband längs durchtrennt. Das Ringband wächst in erweiterter Stellung wieder zusammen, sodass das Problem nicht wieder auftreten kann.“

Auch bei der sogenannten „Wikingerkrankheit“ verkrümmen sich die Finger – wie kommt es zu dieser Fehlbildung?

Dr. Volkmer: „Ursache für die Wikingerkrankheit ist eine Vermehrung des Bindegewebes, das zunächst Knoten an Hand und Fingern verursacht. Später bilden sich tastbare Stränge, die dann die Finger einziehen können. Nicht selten kommt es anfangs zu einer Einengung der Beugesehnen und dadurch zu einem schmerzhaften Schnappfinger. Die Wikingerkrankheit führt im Verlauf zu einer zunehmenden Dupuytren-Kontraktur, welche die Finger in eine Beugestellung zwingt. Letztlich kann auch eine Verkürzung  der Sehnen mit Einschränkungen der Streckfähigkeit  resultieren.“

Warum heißt diese Erkrankung „Wikingerkrankheit“?

Dr. Volkmer: „Es handelt sich um eine genetisch bedingte Erkrankung, die gehäuft in den nördlichen und skandinavischen Ländern auftritt, also im ehemaligen Wikingergebieten. Männer sind häufiger betroffen als Frauen und sie tritt vorwiegend in der zweiten Lebenshälfte auf, etwa ab einem Alter von 50 Jahren.“

Wird die Wikingerkrankheit zu Recht mit Diabetes und Alkoholsucht assoziiert?

Dr. Volkmer: „In meiner klinischen Erfahrung sind Rauchen, Trinken und Diabetes in der Tat Faktoren, die die Entstehung der Wikingerkrankheit begünstigen können.“

Wie kann man die Wikingerkrankheit behandeln?

Dr. Volkmer: „Wichtig bei dieser Erkrankung ist, möglichst spät zu operieren, weil durch eine OP das Dupuytren-Gewebe  z.T. erst recht angefeuert werden können. Deshalb sollte sie erst in Betracht gezogen werden, wenn die Gelenke tatsächlich verkrümmt werden. Wichtig ist, nicht zu lange mit einer Beratung zu warten, da stärkere Verkrümmungen des Fingermittelgelenks schwer zu begradigen sind. Ich habe Patienten mit Wikingerkrankheit gesehen, bei denen ein Finger so verkrümmt war, dass er auf der Handinnenfläche auflag. In diesem Fall wurde zu lange mit der Operation geartet, der Finger konnte nicht mehr vollständig gestreckt werden.“

Welche Probleme  verursachen Überbeine an der Hand?

Dr. Volkmer: „Ein echtes, knöchernes Überbein ist eher selten. Häufig handelt es sich bei vermeintlichen Überbeinen um sogenannte Ganglione: Mit Flüssigkeit gefüllte Zysten, die vorwiegend am Handrücken oder am Handgelenk auftreten. Sie entstehen entweder innerhalb der Gelenkkapsel und führen dort zu Druckerscheinungen oder sie treten sichtbar nach außen aus.“

Muss ein Überbein an der Hand behandelt, bzw. entfernt werden?

Dr. Volkmer: „Wenn ein Überbein schmerzlos ist und keine Beschwerden verursacht, muss es nicht operiert werden. Sofern ein Überbein Schmerzen verursacht oder Bewegungen einschränkt, kann man es punktieren. Die Gefahr ist allerdings groß, dass sich die Zyste erneut mit Flüssigkeit füllt. Deshalb bevorzuge ich bei Beschwerden, die Zyste bis ins Gelenk hinein zu entfernen. Dies geschieht in der Regel in Lokalanästhesie, entweder offen-chirurgisch oder auch arthroskopisch. Eine Arthroskopie hat den Vorteil, dass wir dank der Kameratechnik die Situation im Handgelenk beurteilen können und im Anschluss mit der Therapie der Ursachen fortfahren können. Nicht selten entstehen die Beschwerden im Rahmen einer Diskusverletzung im Handgelenksmeniskus (TFCC).“

Warum sind Frauen häufiger von Überbeinen betroffen als Männer?

Dr. Volkmer: „Das liegt wahrscheinlich an der geringeren Bindegewebsstärke bei Frauen, die die Entstehung von Ganglionen leichter zulässt.“

Wie gut sind die Heilungsaussichten durch einen chirurgischen Eingriff bei Schnappfinger, Wikingerkrankeit oder einem Überbein?

Dr. Volkmer: „Sie sind zum Glück sehr gut. Der Morbus  Dupuytren lässt sich leider nicht komplett heilen. Allerdings können wir die damit einhergehenden Bewegungsstörungen sehr gut behandeln. Der Ringbandschnitt bei einem Schnappfinger ist ein einfacher Eingriff, der relativ schnell geht, aber ein langes Leiden verhindern kann. Bei Überbeinen ist die Gefahr von Rezidiven zwar relativ hoch, wenn man sie allerdings richtig therapiert, lassen sie sich in der Regel sehr gut behandeln. Ganz wichtig ist allerdings, die Operationen durch einen erfahrenen Handchirurgen ausführen zu lassen, wenn man Komplikationen an der filigranen Bewegungsmechanik der Hand vermeiden möchte.“

Sind nach diesen Eingriffen lange Ausheilzeiten oder eine Reha notwendig?

Dr. Volkmer: „Das ist natürlich jeweils abhängig von der individuellen Situation und auch der Schnittgröße. Bei einer Ringband-OP dauert die Ausheilphase etwa 2 bis 3 Wochen, wobei der operierte Finger bewegt werden darf und auch soll. Bei einer Ganglion-OP sollte man die Hand zwar auch gleich bewegen, man muss aber mit einer Ausfallszeit im Beruf von von 1 bis 3 Wochen rechnen, manchmal auch etwas länger. Die größte OP ist bei einem ausgeprägten Morbus Dupuytren  notwendig. Sie erfordert eine Ausheilzeit zwischen 2 Wochen und 6 Wochen. Um die Beweglichkeit wieder herzustellen, sind über Monate regelmäßige Hand- und Fingerübungen mit speziell ausgebildeten Handtherapeuten notwendig.“

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