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Was ist Multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN1)?
Bei den Multiplen endokrinen Neoplasien handelt es sich um eine Gruppe seltener Krankheitsbilder, die mit krankhaften Veränderungen an hormonproduzierenden Drüsen einhergehen. Man unterscheidet insgesamt vier Untergruppen, wobei das MEN1 -auch Wermer-Syndrom genannt- am häufigsten vorkommt.
Alle vier MEN-Syndrome werden autosomal-dominant vererbt und treten daher familiär gehäuft auf. Insgesamt handelt es sich jedoch um ein seltenes Krankheitsbild. Statistisch gesehen treten sowohl das MEN1 als auch das MEN2-Syndrom bei etwa einer von 50 000 Personen auf.
Welche Ursachen hat MEN1?
Dem MEN1-Syndrom liegt eine krankhafte Veränderung eines bestimmten Gens zugrunde. Man spricht dabei im Medizinischen auch von einer Mutation. Betroffen ist in diesem Fall das sogenannte Menin-Gen, das die genetische Information zur Herstellung des Proteins Menin enthält. Die endgültige Funktion des Proteins ist zwar noch unklar, es scheint aber eine wichtige Rolle dabei zu spielen, Zellen vor einer bösartigen Entartung zu schützen. Durch die Mutation kann das Menin seiner Funktion nicht mehr ausreichend nachkommen. In der Folge können Veränderungen in verschiedenen hormonproduzierenden Geweben auftreten.
Die Mutation wird in der Regel über einen autosomal-dominanten Erbgang an die Nachkommen weitergegeben. Hierunter versteht man ein Vererbungsmuster, bei dem es ausreicht, wenn eine von insgesamt zwei Genkopien verändert ist, um die Krankheit auszulösen. Im Gegensatz dazu müssten bei einem rezessiven Erbgang beide Genkopien verändert sein, damit das Krankheitsbild auch auftritt. Die Wahrscheinlichkeit, eine Erkrankung zu vererben, ist also bei einem dominanten Erbgang höher, so auch beim MEN1.
Symptome und typische Krankheitsverläufe
Die verschiedenen Formen der Multiplen endokrinen Neoplasien betreffen verschiedene Organe, in denen sich hormonproduzierende Drüsen befinden. Im Falle des MEN1 kommt es besonders häufig zu Veränderungen an den Nebenschilddrüsen. Etwa 95% der betroffenen leiden dabei unter einem primären Hyperparathyreoidismus.
Primärer Hyperparathyreoidismus
Beim primären Hyperparathyreoidismus kommt es zu einer Überproduktion des von den Nebenschilddrüsen gebildeten Parathormon. Dieses ist normalerweise dafür zuständig, den Calcium- und Phosphatspiegel zu regulieren. Bei einem unnatürlichen Überschuss dieses Hormons kann es unter anderem zu folgenden Symptomen kommen:
- Neigung zu Nierensteinen
- vermehrter Harndrang und vermehrtes Durstgefühl
- Ulkusleiden des Magen oder Dünndarms
- Entzündung der Bauchspeicheldrüse
- Verdauungsstörungen wie bspw. Verstopfungen
- Knochen- und Gelenkschmerzen
- verminderte Knochendichte mit erhöhtem Risiko für Knochenbrüche
Hormonproduzierende Tumore der Bauchspeicheldrüse (Pankreastumore)
Weiterhin kann es im Rahmen eines Wermer-Syndroms auch zum Auftreten von hormonproduzierenden Tumoren kommen. Diese befinden sich häufig im Bereich der Bauchspeicheldrüse und produzieren beispielsweise das für den Zuckerstoffwechsel wichtige Hormon Insulin (Insulinom) oder Gastrin (Gastrinom), das unter anderem die Produktion von Magensäure anregt.
Hypophysenadenome
Auch Tumore der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) sind möglich. Diese sogenannten Hypophysenadenome können inaktiv sein oder auch verschiedene Hormone, beispielsweise zur Steuerung der Schilddrüsenfunktion oder des weiblichen Menstruationszyklus, produzieren. Die Symptomatik variiert dabei je nach produziertem Hormon und kann beispielsweise Kopfschmerzen, Zyklusunregelmäßigkeiten oder einen krankhaften Milchfluss aus der Brustdrüse umfassen.
Diagnose: Wie wird MEN1 festgestellt?
Die Diagnose eines MEN1 wird letztlich im Rahmen einer genetischen Untersuchung mit Nachweis der entsprechenden Mutation im Menin-Gen gestellt. Eine solche genetische Untersuchung kann entweder aufgrund starker Hinweise auf das Vorliegen der Erkrankung in der Familienanamnese oder des Auftretens typischer Symptome veranlasst werden. Treten zwei der drei typischen Krankheitsbilder auf, so ergibt sich daraus meist ein starker Verdacht auf das Vorliegen eines Wermer-Syndroms. Zudem wird Verwandten ersten Grades von Betroffenen eine genetische Beratung angeboten.
Im Vorwege der genetischen Untersuchung findet immer ein ausführliches Aufklärungsgespräch statt, in dem die Patienten sowohl über die möglichen Konsequenzen des Testergebnisses als auch über die Möglichkeit, den Test nicht durchzuführen, aufgeklärt werden. Schließlich müssen sich die Patienten schriftlich mit der Durchführung einverstanden erklären. In der Regel kann die Gendiagnostik dann mithilfe einer Blutprobe in einem speziellen Labor durchgeführt werden. Nach einigen Wochen liegt dann das Ergebnis vor und das weitere Procedere kann abhängig davon besprochen werden.
Therapiemöglichkeiten bei MEN1
Für jeden Patienten mit einem MEN1-Syndrom muss je nach vorliegenden Erkrankungen und Symptomen ein individuelles Therapiekonzept entworfen werden. Dabei wird nicht das Syndrom als Ganzes, sondern die jeweilige Veränderung an den hormonproduzierenden Geweben behandelt.
In der Regel wird eine chirurgische Therapie mit Entfernung des jeweiligen Gewebes bzw. der Tumore angestrebt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, in Abhängigkeit von den Beschwerden und Wünschen des Patienten auf eine Operation zu verzichten.
In einigen Fällen kann dann zunächst abgewartet werden. Es werden jedoch regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt, im Rahmen derer eine körperliche Untersuchung, Blutentnahmen oder bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen können. Auch beschwerdefreie Patienten mit einer bekannten Mutation im Menin-Gen wird empfohlen, etwa ab dem 30. Lebensjahr an regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen teilzunehmen.
In Abhängigkeit des jeweiligen Befundes kann dann gegebenenfalls frühzeitig eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Diese kann alternativ zu einem chirurgischen Ansatz in bestimmten Fällen auch die Gabe von Medikamenten beinhalten.
Lebenserwartung und Prognose
Die Lebenserwartung von Patienten mit einem MEN1-Syndrom hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem die Art und Aggressivität der auftretenden Organveränderungen sowie die Effektivität der jeweiligen Behandlung. Generell gilt, dass die Prognose umso besser ist, je frühzeitiger eine Therapie eingeleitet wird. Durch die Einführung von Früherkennungsprogrammen sowie verbesserte Behandlungsmethoden konnte daher die Lebenserwartung der Betroffenen in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich angehoben werden. Sie liegt aktuell bei durchschnittlich etwa 70 Jahren.
Welche Ärzte und Kliniken sind Spezialisten für MEN1?
Da es sich beim MEN1-Syndrom um ein sehr spezielles Krankheitsbild handelt, wird Betroffenen empfohlen, sich in einem spezialisierten Zentrum behandeln zu lassen. Hier arbeiten Ärzte verschiedener Fachdisziplinen eng zusammen, um jedem Patienten ein individuelles Behandlungskonzept bieten zu können. Spezialisiert auf die Behandlung eines MEN1 sind dabei unter anderem Fachärzte für Innere Medizin mit einem Schwerpunkt in Endokrinologie, Gastroenterologie oder Onkologie sowie Fachärzte für endokrine Chirurgie. In die Diagnostik sind zudem auch Fachärzte für Radiologie und Humangenetiker eingebunden.
Wir von Primo Medico haben es uns zur Aufgabe gemacht, Patienten mit den jeweils passenden Behandlern zusammenzubringen, um so eine medizinische Behandlung auf höchstem Niveau und nach neuesten wissenschaftlichen Kenntnissen zu ermöglichen. Daher haben wir alle hier gelisteten Fachärzte und Kliniken sorgfältig überprüft und hinsichtlich ihrer Erfahrung in der Behandlung eines MEN1 ausgewählt. Sie alle sind Experten ihres jeweiligen Fachgebietes und erwarten bereits Ihre Behandlungsanfrage.
Quellen:
- Gerd Herold und Mitarbeiter: Innere Medizin 2024. Eigenverlag 2024. ISBN: 978-3-11-132040-3.
- Amboss, Nachschlagewerk für Mediziner. https://next.amboss.com/de/article/hg0cE2?q=men1 [zuletzt abgerufen am 04.08.2025]
- Deutsches Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/archiv/multiple-endokrine-neoplasie-typ-1-1244158e-bff6-4589-9028-6d415d311e96 [zuletzt abgerufen am 04.08.2025]