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Frühzeitige Transplantation rettet Gelenke

Knorpelzelltransplantation

Schmerzhafte Knorpelschäden durch Verletzungen oder Verschleiß können durch eine Transplantation von nachgezüchtetem Eigenknorpel langfristig geheilt werden.

Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

 

Die Knorpelschicht in unseren Gelenken sorgt für eine reibungsarme Beweglichkeit und Stoßdämpfung. Sie kann Druck und Kräfte auffangen, die mehr als dem 7-fachen unseres Körpergewichts entsprechen. Problematisch wird es, wenn diese Knorpelschicht durch Verletzungen oder Verschleißerscheinungen (Arthrose) Schaden nimmt. Die Folgen sind meist heftige Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Prof. Dr. med. Gerald Zimmermann ist Spezialist für Orthopädie und Inhaber der Spezialpraxis für Musculoskelettale Zelltherapie in Mannheim. Ein Lösungsansatz, den er Patienten mit Knorpelschäden im Gelenk anbieten kann, ist die autologe Knorpelzelltransplantation, die Transplantation von körpereigenen Knorpelzellen, die im Gelenk entnommen und im Labor nachgezüchtet werden. „Prinzipiell kann eine Knorpelzelltransplantation in allen Gelenken des menschlichen Körpers durchgeführt werden. Am häufigsten findet sie im Knie, in der Hüfte und im Sprunggelenk statt, möglich sind aber auch die Schulter und andere Gelenke in den oberen Extremitäten. Voraussetzung ist, dass der Knorpelschaden eine Fläche von 3 bis 14 Quadratzentimetern betrifft, die Gelenkmechanik ansonsten aber intakt ist.“

 

Einfaches Prinzip, beeindruckende Ergebnisse

Sofern der Knorpelschaden für eine Zelltransplantation in Frage kommt, wird ambulant im Rahmen einer Gelenkspiegelung aus dem gesunden Bereich des Gelenks eine 5 Millimeter große Knorpelprobe entnommen. Im Labor werden diese Zellen anschließend vermehrt und nach nur drei Wochen implantiert. Dieser Eingriff kann je nach Defekt minimalinvasiv oder endoskopisch erfolgen. „Nach dem Implantieren der neuen Knorpelzellen sollte das Gelenk noch etwa 6 Wochen lang entlastet und geschont werden. Anschließend helfen Reha-Maßnahmen, die stützende Muskulatur wieder aufzubauen“, erklärt Prof. Zimmermann. „Bei Knorpelzelltransplantationen im Knie oder im Sprunggelenk sind bereits nach sechs Wochen wieder normales Gehen oder auch Radfahren möglich. Mit stärkeren Belastungen, wie z.B. beim Skifahren oder bei Sprungsportarten, sollte man mindestens ein halbes, besser ein ganzes Jahr warten.“ Die Erfolgsquote liegt je nach Ausgangslage bei 70 – 95 Prozent.

 

Alternative Verfahren bei Knorpelschäden

Bei kleineren Knorpelschäden bis maximal 2 Quadratzentimetern ist es möglich, den Körper durch Anbohren der Knochenschicht in dem betroffenen Areal zur Neubildung von Knorpel anzuregen (Mikrofrakturierung). Durch die dabei entstehenden Blutungen gelangen Stammzellen in das Gelenk, die in der Lage sind, neues Knorpelgewebe zu bilden. „Ich wende diese Methode allerdings nicht mehr an, da bei diesem Verfahren nur minderwertiger Knorpel entsteht, der oft nur zwei Jahre hält“, so Prof. Zimmermann. Für kleinere Defekte bis zu einer Größe von 4 Quadratzentimetern kommt auch eine sogenannte „Zylindertransplantation“ in Frage. Dabei wird im gesunden Bereich des Gelenks ein Knorpelzylinder ausgestanzt und im geschädigten Bereich eingesetzt. „Die  Entnahme ist technisch etwas problematisch, auch, weil dabei im Gelenk Verletzungen entstehen. Daraus resultieren nicht selten neue Probleme“, erklärt Prof. Zimmermann.

Die wirksamste und sicherste Methode ist für ihn daher die autologe Knorpelzelltransplantation. Wichtig sei allerdings, dass die Knorpelschäden rechtzeitig diagnostiziert werden. Wenn bereits auf beiden Seiten des Gelenks Schäden entstanden oder diese zu großflächig sind, ist es zu spät für eine Regeneration mit körpereigenen Knorpelzellen. Bei frühzeitigen Transplantationen dagegen, halte der neue Knorpel genauso gut und lange wie der eigene, gesunde Knorpel aus der Jugend, so der Orthopäde.